Das ARANEA Mädchen*zentrum legt seit der Vereinsgründung 2006 einen besonderen Fokus darauf, die Vielschichtigkeit von Gewalt, als gesellschaftliches Phänomen, sowie den Zusammenhang von Geschlecht, Hautfarbe, sozialer Herkunft, Gesundheit und Gewalt sichtbar zu machen. Verschiedenste Formen von Gewalt (sichtbare und unsichtbare) zählen zu allgegenwärtigen Phänomenen unserer Gesellschaft. Diese sind oftmals eng mit sozial hergestellten Kategorien wie Geschlecht, Hautfarbe und sozialer Herkunft verbunden.[1] Es handelt sich um Kategorien die einerseits von unserer Gesellschaft (re)produziert werden und diese gleichzeitig strukturieren.[2]

ARANEA hat es sich dabei zur zentralen Aufgabe gemacht, Mädchen* in ihrer Vielfalt in den Mittelpunkt zu stellen. Dies bedeutet, in Zusammenhang mit dem Thema Gewalt, dass ARANEA Gewalt in den vielfältigen Erscheinungsformen analysiert und sowohl von Gewalt betroffene Mädchen* unterstützt, als auch mit Täterinnen* arbeitet. Mädchen* und Frauen* sind zum einen besonders häufig von Gewalt betroffen (in Österreich jede dritte Frau), zum anderen steigt die Zahl der Mädchen*, die selbst Gewalt anwenden.[3]

In beiden Fällen trägt Bewusstseinsbildung und Wissensvermittlung dazu bei, Gewalt vorzubeugen und unterstützt das Aufdecken und Aufarbeiten von Gewaltphänomenen. Zusätzlich setzt ARANEA Schwerpunkte im Bereich der Gewaltprävention, Beratung und Partizipation. Das Angebot im Schwerpunkt Gewaltprävention ist breit gefächert und erstreckt sich von niederschwelliger Beratung in den Öffnungszeiten über Selbstverteidigungskurse bis hin zu Partizipationsprojekten.

Im Folgenden werden die Zielsetzungen und Maßnahmen des Projekts „Starke Mädchen* braucht das Land – Gewalt erkennen, benennen, vorbeugen“ näher erläutert. Bei der Finanzierung wird der Fokus dabei besonders auf Anstellungs- und Fortbildungsstunden für Mitarbeiterinnen gelegt, um Projekte im Bereich Gewaltprävention zum Beispiel in Form von spezifischen Angeboten, Beratung und Partizipation sowie deren qualitätsvolle Durchführung zu sichern.

Bereich Gewaltprävention

Über Gewalt zu sprechen fällt vielen Menschen schwer. Dies liegt daran, dass die vielfältigen Erscheinungsformen von Gewalt den meisten Menschen* nicht bewusst sind. Für Betroffene von Gewalt ist es daher eine schwierige Aufgabe indirekt erlebte, strukturelle, -oder direkt erlebte (sexualisierte) körperliche oder psychische Gewalt zu benennen.

Ebenso fällt es Täter*innen schwer, über selbst ausgeübte Gewalt zu sprechen. Die vielfältigen Formen von Gewalt, sowie die Vielschichtigkeit von Gewalt als gesellschaftliches Phänomen und der Zusammenhang von Faktoren, wie Geschlecht, Hautfarbe, Gesundheit, soziale Herkunft und Gewalt, erfahren bei ARANEA in der Arbeit mit den Mädchen* besondere Aufmerksamkeit. Durch Wissensvermittlung, Gewalt-und Konfliktaufarbeitung und Präventionsarbeit setzt ARANEA niederschwellig an, um zu einem bewussteren Umgang mit Gewaltsituationen beizutragen.

Der Schwerpunkt Gewaltprävention nimmt sich dabei also des vielfältigen Phänomens Gewalt an und setzt Gewaltphänomenen, denen Mädchen* im Alltag immer wieder ausgesetzt sind- beziehungsweise begegnen, etwas entgegen. ARANEA setzt dabei im Bereich Gewaltprävention auf Primär-, Sekundär- und Tertiärprävention.

In den ARANEA Mädchen*treffs wird Gewalt, aktiv thematisiert. Besonders Bedingungen und Wirkungen eines gewaltfreien Raums oder unterschiedliche Formen von Gewalt werden immer angesprochen und/oder von den Mädchen*selbst zum Thema gemacht. Dabei geht es viel um eigene Grenzen, das Vermitteln von grundlegenden Selbstbehauptungstechniken und von Wissen über verschiedene Gewaltphänomene und Handlungsoptionen bei Gewalterfahrungen.

Darüber hinaus beschäftigten sich ARANEA mit dem Thema „Gewalt und Medien“ und dem Umgang mit Wut und gewaltbereitem Verhalten. Auch Konfliktlösungsstrategien, Übungen zur positiven Körperwahrnehmung, Stressbewältigung und Entspannung durch Achtsamkeit, sowie Elemente aus der Sexualpädagogik fließen in die gewaltpräventive Arbeit mit ein. Außerdem lernen die Mädchen* verschiedene Hilfs- und Unterstützungsangebote kennen. Wichtig dabei ist auch die Bildung von Empathie auf der Ebene der direkten Arbeit, mit den von Gewalt betroffenen- und zu Gewalt neigenden Mädchen*.

Mädchen* die Gewalt und Diskriminierungen  erfahren fällt es häufig schwer eine Sprache für das Erlebte zu finden. Mädchen* die Gewalt anwenden hingegen brauchen einen Ort an dem ihnen alternative Handlungsmuster angeboten werden und sie diese Üben können.

Zentral ist hierbei der niederschwellige Zugang zu den Gewaltpräventionsangeboten durch die Öffnungszeiten des Mädchen*treffs. Mädchen* und junge Frauen* können hier die Beraterinnen in einem zwanglosen Setting kennenlernen und Beziehung aufbauen. Dies erleichtert das Annehmen von höherschwelligen Angeboten wie Selbstbehauptungsworkshops oder der Beratung.

Der niederschwellige Zugang zu den Angeboten und die Thematisierung von Gewalt, auf verschiedenen Ebenen, fördert Gewaltminimierung durch Wissensvermittlung. Konfliktlösungs- und Handlungsstrategien können so leichter und zugänglicher erarbeitet werden. Zudem werden die Wahrnehmung persönlicher Grenzen, die Selbstreflexion und die Stärkung der eigenen Persönlichkeit, das Wissen über Hilfs- und Unterstützungsangebote gefördert.

In diesem Projektzweig geht es deshalb einerseits darum, Mädchen* durch Workshops, Methoden und Gesprächsrunden darin zu bestärken, Diskriminierungen als Ungerechtigkeiten wahrzunehmen und ihnen entgegenzuwirken. Zudem soll Mädchen ein Grundwissen über verschiedenste Gewaltphänomene, Gegenstrategien und Hilfsmittel vermittelt werden. Durch Workshops, Selbstbehauptungs- und Selbstverteidigungstrainings, Methoden der Primär, Sekundär und Tertiärprävention und gemeinsame Aktionen zu Themen wie Gleichberechtigung und Antidiskriminierungsarbeit soll Wissen rund um das Thema Gewalt vermittelt, Handlungsstrategien erarbeitet und Hilfsangebote bekannt gemacht werden. Zudem wird durch spezifische Übungen und das Thematisieren von Gewalt und Diskriminierung die Zivilcourage von Mädchen* gestärkt. Sie werden ermutigt Gewalt  und gesellschaftliche Benachteiligungen von Mädchen* nicht als gegeben hinzunehmen, sondern dieser entgegenzuwirken.

Zusätzlich möchte ARANEA das eigene Wissen im Bereich Gewaltprävention anderen Jugendzentren und Jugendeinrichtungen zur Verfügung stellen. Dafür wird im Rahmen des Projekts ein Medienkoffer mit Materialien und Methoden, inklusive Beschreibung zur Anwendung in der Jugendarbeit, erstellt den Jugendeinrichtungen kostenlos bei ARANEA ausleihen können.

Ziele

  • Mädchen* steht ein gewaltfreier Raum zum Aufhalten, zur Reflexion und zur Stärkung zur Verfügung
  • Mädchen* können solidarische Beraterinnen in einem niederschwelligen Setting kennenlernen
  • Mädchen* können niederschwellige Beratung zu verschiedensten (gewaltspezifischen) Themen in Anspruch nehmen
  • Mädchen* finden eine Sprache für verschiedene Gewaltphänomene und können solche klar benennen, sie wissen über Hilfs- und Unterstützungsgebote bescheid
  • Mädchen* erlangen Grundwissen über verschiedenste Gewaltphänomene, Gegenstrategien und Hilfsmittel
  • Gewaltminimierung durch Wissensvermittlung und dem Erlernen von Konfliktlösungs- und Handlungsstrategien
  • Mädchen* die Gewalt anwenden, lernen alternative Handlungsmuster kennen und anwenden
  • Mädchen* lernen ihre persönlichen Grenzen sowie die anderer wahrzunehmen, zu respektieren und zu verteidigen.
  • Mädchen* finden einen positiven Zugang zu ihren Körpern , steigern ihr Selbstbewusstsein und lernen Grenzen , insbesondere in Bezug auf ihren Körper, zu setzen

Umsetzung

  • Im Rahmen des Projekts wird ein Medienkoffer mit Materialien zur Gewaltprävention mit Fokus auf Sexualpädagogik erstellt. Dieser kann kostenlos von allen interessierten Einrichtungen ausgeliehen werden
  • Bei Interesse kann das Ausleihen des Medienkoffers mit Anleitung/Begleitung einer ARANEA Mitarbeiterin erfolgen
  • An bestimmten Tagen des Mädchen*treffs werden vermehrt Themenschwerpunkte zu Themen wie Gewaltphänomene und Diskriminierung angeboten. Diese setzen an den Lebensrealitäten der Mädchen* an und gestalten sich in Form von praktischen Angeboten wie Kreativangebot, Selbstbehauptung, Übungen zur Wahrnehmung eigener Grenzen sowie der Grenzen anderer, Comic zeichnen, Filme zum Thema anschauen oder methodisch-spielerischen Inputs
  • Die angebotenen Impulse eröffnen einen Raum für Diskussion und eine Annäherung an die Themenbereiche
  • Den Mädchen* wird im Gruppen und/oder Einzelsetting ein Rahmen geboten über Gewalt- und Diskriminierungserfahrungen zu sprechen
  • Durchführung von Antidiskriminierungsworkshops zu Themenbereichen wie Sexismus, Rassismus, Homophobie wobei die Mädchen* (mit)bestimmen sollen, welche Themenbereiche sie besonders interessieren
  • Durchführung von Selbstverteidigungs- und Selbstbehauptungsworkshops
  • Vernetzung mit relevanten Einrichtungen, um die Angebote möglichst vielen Mädchen* zugänglich zu machen

Bereich Partizipation

Wie bereits in der Einführung erwähnt ist ein Großteil der Klienten der Offenen Jugendarbeit männlich. Mädchen* brauchen daher einen gendersensiblen, gewaltfreien Freiraum, um Neues kennenzulernen und sich ohne Konsumzwang auszuprobieren zu können. Einen Schutzraum vor sexualisierter und rassistischer Gewalt, frei von männlicher Beurteilung und einen Kraftraum wo Mädchen* und junge Frauen* Gemeinschaft erleben und sich gegenseitig stärken können. Diese Räume bietet ARANEA für Mädchen* und junge Frauen* in Innsbruck.

Ein weiterer Fokus der ARANEA Mädchen*arbeit liegt auf kleinen Partizipationsprojekten, in denen die Mädchen die Erfahrung machen gehört zu werden, sich einzubringen und miteinander zu diskutieren und dadurch Selbstwirksamkeit zu erfahren. In den ARANEA Projekten werden zudem demokratische Bildungsprozesse angeregt, Grundlagen der Projektplanung erlernt und Mädchen dazu angestoßen aktiv an gesellschaftlichen Gestaltungsprozessen teilzunehmen, aktiv mitzubestimmen und mitzugestalten.

Ziele:

  • Mädchen* werden angeregt über Ungerechtigkeiten in der Gesellschaft nachzudenken und sich ihren persönlichen Beitrag für eine gerechtere Gesellschaft zu überlegen
  • Die Zivilcourage von Mädchen* wird gestärkt, demokratische Grundwerte vermittelt und (vor)gelebt.
  • Mädchen* lernen durch das Umsetzen kleiner Projekte Grundlagen von Projektmanagement kennen
  • Mädchen* lernen sich aktiv in Projekte und Gruppen einzubringen. Sie werden dadurch in ihrem Selbstbewusstsein gestärkt.
  • Mädchen werden demokratische Aushandlungsprozesse vermittelt und sie können diese in geschütztem Rahmen einüben
  • Mädchen* werden durch Workshops, Methoden und Gesprächsrunden darin bestärkt, Diskriminierungen als Ungerechtigkeiten wahrzunehmen und ihnen entgegenzuwirken
  • Mädchen* lernen solidarisches Handeln als Grundwert der feministischen Mädchen*arbeit kennen

Umsetzung:

  • Partizipationsprojekte zur Raumgestaltung des Mädchen*raumes, Durchführung kleiner Mädchenprojekte (z.B. Ausflüge) die von den Mädchen* selbst geplant und durchgeführt werden
  • Gestaltung von Einheiten und Aktivitäten zu den Tagen 14. Februar (One Billion Rising), 8. März (Weltfrauen*tag), 11. Oktober (Weltmädchen*tag) und im Rahmen der 16 Tage gegen Gewalt an Frauen* und Mädchen* im November/Dezember
  • Niederschwellige Übungen im Mädchen*treff fördern das Erlernen und Ausbauen sozialer Kompetenzen wie Entscheidungs(findungs)kompetenz, Konfliktfähigkeit, Teamwork, Kooperationsfähigkeit, Toleranz gegenüber anderen Meinungen und Ideen, einander Zuhören und aufeinander Eingehen ebenso wie soziales Lernen von und miteinander
  • niederschwelliges Erlernen von Projekt- und Finanzplanung/Umgang mit finanziellen Mitteln sowie Finanzverwaltung und Projektorganisation durch Umsetzung kleiner Projekte welche die Mädchen* selbst gestalten.
  • Vernetzung mit anderen Einrichtungen aber auch der Mädchen* untereinander

Qualitätssicherung und Evaluation

Essentiell für den Erfolg des Projekts ist die ständige Evaluation des bestehende Angebots und dessen Optimierung durch Anpassung der Maßnahmen. Eine besondere Stärke von ARANEA ist das bedarfsorientierte Arbeiten, bei dem die Angebote des Mädchen*zentrums an die Bedürfnisse und Wünsche der Mädchen* und jungen Frauen* angepasst werden können In den Evaluierungsprozess sollen alle Beteiligten eingebunden werden.

Ziele

  • regelmäßiges Einholen und Einarbeiten des Feedbacks von Mädchen*, Multiplikator*innen und Mitarbeiterinnen durch für die Zielgruppe geeignete Methoden
  • regelmäßiges Standortbestimmung des Projekts
  • ständige Optimierung der Maßnahmen durch Einarbeiten des Feedbacks

Umsetzung

  • Mädchen*: Der Dialog mit den Mädchen* und das In-den Fokus-stellen ihrer Wünsche und Vorstellungen ist ein zentrales Element der Arbeit von ARANEA. Dieses Prinzip wird auch in der Evaluation mitbedacht
  • Um die Niederschwelligkeit des Angebotes zu gewährleisten werden diese Gespräche mündlich durchgeführt. Es findet zudem ein ständiger Dialog und Austausch mit Mädchen* statt und die Mädchen* können jederzeit Feedback, Anregungen und Wünsche in Form einer „anonymen Blackbox“ bei ARANEA hinterlassen.
  • Teaminternes Feedback in regelmäßigen Austauschrungen
  • Regelmäßiges Feedback von Multiplikator*innen in verschiedenen Vernetzungen
  • Supervision und Intervision: Das Thema Qualitätssicherung in der Gewaltprävention wird regelmäßig in Supervisionen und teaminternen Intervisionen zum Thema gemacht.

2.    Literaturverzeichnis

Zentrum für Jugendarbeit Z6 (2018): Tätigkeitsbericht 2018

POJAT – Dachverband Offene Jugendarbeit Tirol (2016): Handbuch Offene Jugendarbeit Tirol 1.0

www. gewaltinfo.at/themen/2015_05/intersektionalitaet-und-intersektionale-gewaltpraevention.php

www.uni-bielefeld.de/gendertexte/intersektionalitaet.html, am [1] vgl. www.aoef.at/index.php/zahlen-und-daten Abruf, am 3.11.2021

[1] vgl. gewaltinfo.at/themen/2015_05/intersektionalitaet-und-intersektionale-gewaltpraevention.php

[2] vgl. www.uni-bielefeld.de/gendertexte/intersektionalitaet.html

[3] vgl. www.aoef.at/index.php/zahlen-und-daten Abruf, am 3.11.2021